Die Millennials und ihre Folgegenerationen
Anne M. Schüller | Managementdenker, Keynote Speaker, Business Coach
Alex T. Steffen | Unternehmensberater für Innovation und Digitale Transformation
Ein Blick auf die Jugend ist immer auch ein Blick in die Zukunft. Jede Generation hat ihrer Zeit einen Stempel aufgedrückt, denken wir nur mal an die Baby Boomer oder die statusorientierte Generation X. Doch die Transformation, die die Millennials bereits gestalten und künftig bewirken, wird alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen. Deshalb sei zunächst hier kurz erläutert, wer die Millennials überhaupt sind. Die Demographie gab ihnen die Namen Y und Z – sie selbst nennen sich gar nicht so. Natürlich sind solche Bezeichnungen nur Hilfskonstrukte, weil man nicht alle Menschen, die in einem beliebig gewählten Zeitraum geboren wurden, in die gleiche Schublade stecken kann. Dennoch sind gelebte Ereignisse in der Phase der frühen Jugend persönlichkeitsprägend und bilden einen gemeinsamen Sozialcharakter.
Auch die Unterscheidung zwischen Digital Natives und Digital Immigrants ist diskutierbar. Es gibt 80-Jährige, die sehr aktiv mit Smartphones, Tablet-Computern, Facebook & Co. hantieren, und es gibt 30-Jährige, die sich dem Web fast völlig verweigern. Manch 50-Jähriger ist im Umgang mit digitalen Tools geübter als ein 20-Jähriger. So lässt sich sagen: »Den« Digital Native gibt es nicht. Besser sollte man von einem Kontinuum zwischen digital topfit und digital unfit reden. Im weiteren Verlauf dieses Buchs präferieren wir den Begriff Millennial. Da aber auch die Generationenbezeichnungen Y und Z sehr geläufig sind, hier kurz die Bedeutung:
- Zur Generation Y (GenY), manchmal auch Ypsiloner genannt, zählen – je nach Quelle – alle Jahrgänge zwischen plus/minus 1980 und plus/minus 1999. Sie ist zusammen mit dem World Wide Web groß geworden, das es seit den 1990er-Jahren gibt. Mit digitalen Anwendungen ist diese Alterskohorte bestens vertraut.
- Zur Generation Z (GenZ) werden – je nach Quelle – alle Jahrgänge zwischen plus/minus 2000 und plus/minus 2019 gezählt. Sie wurden in das Zeitalter der Social Networks hineingeboren, die es seit Anfang des neuen Jahrtausends gibt. Internet-Ureinwohner nennt man sie oft. Digitale Anwendungen erschließen sich ihnen meist intuitiv.
Und wie heißt die Folgegeneration? Es scheint so, als ob sich, während wir an diesem Buch schreiben, der Begriff »Generation Alpha« durchsetzen wird. Das klingt passend, wenn man unter Alphas die Vorboten einer ganz neuen Ära versteht. Manche hingegen meinen, dass sich die Dinge fortan mit einer derart hohen Veränderungsgeschwindigkeit weiterentwickeln, dass Generationenschemata irrelevant werden.
Menschen, humanoide Roboter und Künstliche Intelligenz (KI) bewegen sich in Riesenschritten aufeinander zu. Selbstlernende Softwareprogramme können nicht nur von sich aus intelligenter werden, sie sind längst auch kreativ – und intuitiv. Einige beginnen bereits autonom nach Betätigungsfeldern zu suchen, weil man ihnen Belohnungsprogramme eingepflanzt hat. Sie können selbstständig Geschichten schreiben, Symphonien komponieren, eigene Kunstwerke erschaffen, Emotionen interpretieren und Mitgefühl zeigen. Manche Menschen vertrauen ihre tiefsten Gefühle schon lieber Computern als Mitmenschen an.
Neuroprothesen machen uns längst zu Cyborgs. Und der Wille, sich auch ohne Grund zu transformieren, ist unübersehbar. Tattoos, die den Körper komplett überziehen und ihm damit ein neues Aussehen verleihen, sind ein erster auffälliger Schritt. Invasive Eingriffe zur Selbstoptimierung sind höchst populär – nicht nur bei denen, die ästhetisch unterversorgt sind. Immer mehr »Freaks« laufen mit NFC-Chips herum, die sie sich als Fernbedienung unter die Haut implantieren lassen. Solche Chips werden womöglich unseren Denkapparat eines Tages direkt mit dem Internet verbinden können. Bis zur physischen Verschmelzung mit Computern ist es dann nicht mehr weit.
KI-optimierte Gehirne werden denen, die nicht durch Künstliche Intelligenz optimiert worden sind, eines Tages überlegen sein. Schon allein deshalb wird es sie – trotz aller Vorbehalte – dann auch geben. Höher, schneller, weiter, also besser in jeglicher Hinsicht, ist evolutions- und damit existenzimmanent. Jürgen Schmidhuber, Scientific Director des Schweizer Forschungsinstituts IDSIA und einer der profiliertesten Entwickler künstlicher Intelligenz sagt geradeheraus: »Dieser Prozess läuft unaufhaltsam weiter. Und bald werden eben die klügsten Bestandteile der Zivilisation nicht mehr die Menschen sein.« »Das Erschaffen von künstlicher Intelligenz wäre nichts anderes als das größte Ereignis der Menschheitsgeschichte«, bekräftigt der Astrophysiker Stephen W. Hawking. Doch »ebenso könnte es auch das ultimativ Letzte sein, sofern wir nicht lernen, die Risiken zu berücksichtigen«, warnt er auf einem Google-ZeitgeistEvent.
Den Zeitpunkt der technologischen Singularität hat der umstrittene Futurologe und Transhumanist Ray Kurzweil auf 2045 vorausberechnet. Dies sei das Datum, spekuliert er, zu dem Maschinen mittels künstlicher Intelligenz den technologischen Fortschritt derart beschleunigen könnten, dass uns dies auf eine nächste Zivilisationsstufe katapultiert. So wird in absehbarer Ferne mit nichtbiologisch erweiterten Mensch-Maschine Wesen eine neue Evolutionslinie entstehen. Und die Millennials werden das alles hautnah erleben.