Wissensmanagement

30.08.2017.

Maximilian Thost – Mitglied der Geschäftsführung der SABIO GmbH und verantwortet den Bereich Sales & Business Development.

1 Mögliche Systeme für den Einsatz im Service

Die Bandbreite an zur Verfügung stehenden Softwarelösungen, die unter dem Label „Wissensmanagement“ firmieren, erscheint auf den ersten Blick sehr breit. Angebotene Lösungen erstrecken sich hier von Opensource-Software wie Wikis mit zahlreichen Customizing-Möglichkeiten und/oder Notwendigkeiten, über Suchmaschinen oder Filesysteme, Content Management Systemen bis hin zu mächtigen, aus verschiedenen Komponenten bestehenden, Suite-Lösungen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Notwendigkeit hervorragend implementierter und zudem integrierter Wissensmanagementlösungen im Customer-Service, kann die zur Verfügung stehende Systemlandschaft die Verantwortlichen in Service-Centern schnell überfrachten. Beschleunigt durch die Auswirkungen der digitalen Transformation steigt der Transformationsdruck und es zieht auch in Bezug auf Wissensmanagement eine neue Dynamik in die Service Center ein, das erfordert hohe Flexibilität aller Beteiligten. Professionelles Wissensmanagement wird mehr und mehr zu einer zentralen Größe für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Denn Wissen bestimmt im Rahmen komplexer Produkte und Dienstleistungen das Handeln besonders im Customer Service zu einem bedeutenden Teil mit. Hierdurch wird die Qualität und die Verfügbarkeit von Wissen für die Leistungsfähigkeit eines Kundenservices zum wichtigen KPI. Dass Wissensmanagement in vielen Unternehmen aber noch immer dringend der Professionalisierung bedarf, zeigt eine Umfrage der Association for Information and Image Management (AIIM) und Accenture, nach der:

  • 47 Prozent der Mitarbeiter vorliegenden Informationen nicht vertrauen.
  • 42 Prozent der Führungskräfte mindestens einmal pro Woche falsche beziehungsweise überholte Informationen nutzen.
  • 59 Prozent der Mitarbeiter nicht über die Informationen, die sie dringend benötigen würden verfügen.
  • Nur 37 Prozent der CIOs glauben, genügend und aktuelle Informationen zu besitzen, um den Betrieb zu leiten.

Es gilt also, das Know-how aus den Köpfen einzelner Mitarbeiter und isolierter Silos zusammenzuführen, zu aktualisieren und nutzbar zu machen. Sonst leidet die Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere im Kundenservice.

Mit dem Fokus auf den Customer Service gerichtet, sollte ein Wissensmanagement vor diesem Hintergrund jedoch nicht mit einer zu großen Palette an Features verwirren. Für die Annahme und den wertschöpfenden Einsatz von Wissensdatenbanken im Customer-Service haben sich einige wichtige Funktionen herauskristallisiert, die State-of-the-Art-Lösungen möglichst friktionslos zur Verfügung stellen müssen. Die Klaviatur der zur Verfügung stehenden Funktionen einer Wissensmanagementlösung sollte wiederum entlang der Nutzer- gruppen und ihrer Bedürfnisse angepasst sein:

Aus Sicht des Anwenders (Agent oder Kunde) sind zwei Dimensionen bei einem Wissensmanagement sehr wichtig:

  • Wissen muss qualitativ gesichert sein. Wenn der Anwender sich nicht auf die Inhalte verlassen kann, wird er das Vertrauen verlieren und in Zukunft das Wissensmanagement nicht mehr nutzen. Der Implementierungsaufwand der eingesetzten Lösung wäre damit verloren.
  • Wissen muss schnell verfügbar sein. Wenn der Anwender langwierige Suchanfragen ausführen muss, bis er das relevante Wissen findet, dann leidet die Akzeptanz. Der Vorteil der benötigten Information wird nämlich mit dem Aufwand der Suche dann zu teuer bezahlt. Unter diesen Umständen gibt es keine positiven Effekte des Wissensmanagement auf den Kundenservice.

Mittlerweile sind viele zur Verfügung stehenden Lösungen, die einem echten Wissensmanagement nahe kommen, mit einer ansehnlichen GUI ausgestattet und leicht zu bedienen. Für den Einsatz im Customer-Service erscheinen sie aus verschiedenen Gründen trotzdem nicht geeignet. So erscheint es zwar reizvoll, open-source Lösungen wie Wikis zu implementieren, den Customer-Service quick-and-dirty auf das Intranet oder den Sharepoint aufzusatteln oder eine übergreifende Suche zu implementieren. Letztlich kommen solche Vorhaben jedoch eher Laubsägearbeiten mit einem Fuchsschwanz gleich: Die Idee ist die richtige, das Werkzeug jedoch ist ungeeignet. Nachstehend sind einige häufig verwendete System- typen kurz beleuchtet:

Wikis

Wikis folgen dem klassischen Prinzip, dass jeder in ihnen schreiben darf. Die qualitative Sicherung des Wissens erfolgt über Korrekturen von Fehlern durch andere Redakteure. So lange jedoch steht das Wissen falsch zur Verfügung. Wikis haben in der Regel keine Struktur sondern leben von Verlinkungen. Das schnelle Finden von Wissen ist damit auf die Suche reduziert, die in der Regel ausreichend ist, aber nicht im Fokus der Applikation steht. Ein schnelles und gezieltes Finden von gesicherten Informationen ist damit nicht möglich.

Intranet / CMS / Sharepoint

CMS sind dafür geschaffen jede Form von Inhalt in ein beliebiges Format zu bringen. Sie verfügen in der Regel über die Grundlagen, alle gewünschten Funktionen in Eigenregie bauen zu können. Damit kann die Sicherung der Qualität durch entsprechende Redaktionsprozesse abgebildet werden. CMS bieten eine Navigation und oft auch eine recht gute Suche und erlauben es, Wissen schnell zu finden. Jedoch nur wenn beliebiges Budget für die ständige Weiterentwicklung einer Anwendung im CMS zur Verfügung steht, sind sie eine gute Wahl.

Suchmaschinen

Suchmaschinen durchsuchen bereits vorhandenes Wissen, welches in Dateien oder Webseiten steckt. Damit gibt es keine Sicherung der Qualität. Wenn die Datengrundlage vorhanden ist, werden Inhalte aber vergleichsweise schnell gefunden. Die Anbindung übergreifender Suchmaschinen erweist sich häufig jedoch als höchst komplex und bisweilen unmöglich. Ferner ist es schwierig ein im Service-Center häufig essenzielles Rechte- und Rollensystem abzubilden. Suchmaschinen sind daher nur auf den ersten Blick eine gute Lösung.

Knowledgemanagement Systeme für den Service (KMS)

KMS sind eine Sonderform von CMS, die auf die speziellen Anforderungen des Anwendungsgebietes abgestellt sind. Sie können in der Regel nicht jede Form der Visualisierung abbilden, bieten dafür aber genau die Funktionen, die im Service benötigt werden. Dazu gehören Funktionen zur Sicherung der Qualität (wie Freigaben, Gültigkeiten etc.) und eine sehr gute Suche. Sie bieten dem Anwender die beste Benutzer- erfahrung. KMS sind in der Regel zudem mit einem Rechte- und Rollensystem ausgestattet und bietet mit der notwendigen Mandantentrennung die Möglichkeit zu einer sauberen Datenhaltung.

Aus Sicht des Redakteurs (Wissensmanager oder Fachbereichsmitarbeiter) sind zwei Dimensionen bei einem Wissensmanagement sehr wichtig:

  • Leichte Pflege der Inhalte. In vielen Organisationen wird Wissen von Menschen erfasst, die diese Aufgabe nicht ausschließlich vornehmen. Daher ist es wichtig die Hürde für die Erfassung so gering wie möglich zu halten. Im besten Fall dauert es kaum länger einen Artikel in ein Wissensmanagement einzustellen, als denselben Inhalt per Mail zu verschicken.
  • Feedback umsetzen. Wissensmanagement lebt von der Kommunikation zwischen den Redakteuren von Wissen und den Anwendern. In einem gut eingeführten System gibt es reges Feedback der Anwender über Fehler, Lücken oder Missverständlichkeiten. So kann der Redakteur schnell und zielgerichtet die Qualität der Inhalte verbessern. Die Akzeptanz der Systeme ist häufig auch an der Intensität des Feedbacks erkennbar

Ähnlich wie bei dem Einsatz der Anwender, weisen viele häufig eingesetzte Tools für die Redakteure unbefriedigende Möglichkeiten zur Verwendung im Customer-Service.

Wikis

Wikis sind nach Erlernen der Markup-Language bzw. des Editors relativ leicht zu pflegen. Auch das Feedback ist ein essentieller Teil eines Wikis. Allerdings kann die Möglichkeit jederzeit Änderungen vornehmen zu können zu einer Menge von “Feedback” führen, die mehr Zeit bindet als fachlich sinnvoll. Damit wird häufig zu viel Zeit für die Pflege der Inhalte nötig, wodurch es paradoxerweise zur Vernachlässigung der eben notwendigen Pflege kommt.

Intranet / CMS / Sharepoint

CMS können sehr viele Funktionen abbilden. Der Preis der vielen Möglichkeiten ist die häufig recht umständliche Bedienung der Eigen- oder Standardlösungen. Die Systeme sind nicht auf Effizienz bei der Erstellung, sondern auf Funktionen ausgerichtet. Feedback ist in vielen CMS als Modul erhältlich. Im Gegensatz zu Wikis oder KMS ist das nicht ursprünglicher Teil der Systeme und daher nicht vollkommen in den Workflows integriert. CMS sind daher nicht geeignet um effiziente Redaktionen abzubilden.

Suchmaschinen

Suchmaschinen benötigen eigentlich keine eigene Pflege von Inhalten. Natürlich müssen die Inhalte dennoch irgendwo gepflegt werden, aber nicht im Rahmen der Suche. Feedback auf die inhaltliche Qualität der Dokumente ist nicht Teil der Aufgaben von Suchmaschinen. Dort kann man maximal Feedback zu der Treffergenauigkeit abgegeben werden. Damit bilden sie häufig keine verlässliche Informationsgrundlage für den Customer-Service.

Knowledgemanagement Systeme für den Service (KMS)

KMS sollten auf die schnelle Pflege von Inhalte optimiert sein. Aufgrund von Maßnahmen zur Sicherung der Datenqualität wird die Pflege dennoch nicht so schnell sein, wie bei Wikis und Suchmaschinen. Feedback ist ein Grundbestandteil aller KMS und wird durch integrierte Funktionen sichergestellt.

2 Auswahl von Knowledgemanagement Systemen für den Service

Verschiedene Benutzergruppen aus verschiedenen Geschäftsfeldern haben die unterschiedlichsten Ansprüche an ein Wissensmanagement und es ist nachvollziehbar, dass sich diese zwischen einem Ingenieur, einem Rechtsanwalt oder einem Wissenschaftler eklatant von denen eines Service-Center Mitarbeiters unterscheiden. Eine Wissensmanagement Lösung für den Kundenservice muss darauf spezialisiert sein, Anwendern, Redakteuren, aber auch zunehmend den Endkunden direkt, Wissensmanagement-Prozesse zur Verfügung zu stellen.

Im Service zählen auf Grund des herrschenden Zeit- und Kostendrucks Sekunden bei der Benutzung von Systemen mehr als in anderen Anwendungssituationen. Daher sollten die Systeme einfach und höchst effizient bedienbar sein und darüber hinaus fast ohne Schulung und Customizing auskommen.

Zudem müssen die Lösungen darauf fokussieren, Wissen stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur Verfügung zu stellen, um Service-Center-Mitarbeiter in komplexen Beratungssituationen leichtgängig zu unterstützen.

Für den Einsatz im Kundenservice gibt es spezialisierte Wissensmanagement-Systeme, die den genauen Anwendungsfall möglichst punktgenau abdecken. Andere der mit „Wissensmanagement“ gestempelten Lösungen, fallen unter diesen Voraussetzungen durchs Raster und sind für den Einsatz im Service-Center schlichtweg ungeeignet, weil sie das Credo bedingungslos leichter Bedienbarkeit verfehlen.

3 Einordnung in das Gesamtgebilde Call Center/Kundenservice

In Sachen der Datenhaltung muss diese zwischen CRM- und Wissensmanagementsystemen besonders trennscharf erfolgen. So haben insbesondere CRM-Systeme die Aufgabe, „Wissen/Informationen“ ÜBER die Kunden zu halten und Antworten für vor allem diese Anliegen zu liefern: was hat der Kunde wann gekauft?, wie ist der Lieferstatus seiner Bestellung?, hat er bezahlt? usw.

Wissensmanagement-Systeme hingegen halten Antworten zu allen Fragen, die NICHT direkt kunden- bzw. personenbezogen sind, sondern das Unternehmen bzw. deren Dienstleistungen betreffen und alle Beteiligten zum Handeln befähigen bzw. dabei unterstützen. Diese können z.B. Prozessinformationen, Produktinformationen, Arbeitsanweisungen, Preisblätter sein. Kundenservice-Wissensmanagement-Systeme sollten hierbei heterogene Wissensinseln bzw. durch verschiedene IT-Systeme geschaffene Wissenssilos, wie Wikis, Sharepoints, Filelaufwerke, Wissen in Emails und Intranets ablösen und es ermöglichen, diese neue einheitliche Informationsbasis mit dem Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter in eine verbindliche Softwarelösung zu konsolidieren.

Trotzdem gilt: Sie können keinen Mitarbeiter zwingen, sein Wissen weiterzugeben oder in einer neuen Lösung einzustellen. Folglich geht es darum, die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, die jeden Mitarbeiter zum Wissensmanagement motiviert. Sechs Faktoren, die sich aus oben beschriebenen Einsatzszenarien ergeben, sind dabei insbesondere im Customer-Service entscheidend.

ERSTENS sollten Sie Freiräume für die Agenten schaffen, Ihnen Zeit geben, wertvolles Wissen auch im Alltag erfassen zu können. Machen Sie den Agenten den Mehrwert deutlich, den jeder vom Wissensmanagement hat. Dann sollten die meisten Agenten freiwillig motiviert sein. Ebenso wie bestehende CRM-Daten bedarf auch Wissen einer regelmäßigen Pflege. Um die Relevanz der Wissenspflege bei Ihren Mitarbeitern zu verinnerlichen, kann diese mit in die Zielvereinbarung für die jeweiligen Breiche aufgenommen werden.

ZWEITENS sollten Sie eine Technologie bereitstellen, die einfach und übersichtlich zu bedienen ist, ohne große Schulung auskommt und am besten mittels Browser bereitgestellt wird. Jeder berechtigte Mitarbeiter kann damit überall leicht Wissen einstellen und abrufen – idealerweise ist dies über alle Geräteklassen hinweg möglich, vom PC bis zum Smartphone. Eine solche Technologie unterstützt den ersten Punkt und ihre Einfachheit ist entscheidend für den Erfolg des Wissensmanagements. Die Qualität des erfassten Wissens kann übrigens durch Freigabeprozesse abgesichert werden.

DRITTENS sollten Verantwortlichkeiten klar definiert sein. Beispielsweise ordnen Sie bestimmte Dokumente einem Verantwortlichen zu, der über Änderungen automatisch informiert wird und Hinweise zu nötigen Updates erhält, wenn bspw. die vorher definierte Gültigkeit eines Dokuments abläuft. So bleiben Informationen aktuell und es kehrt kein Trott ein.

VIERTENS sollten Sie das erfasste Wissen klassifizieren. Artikel, Projekte, Prozessbeschreibungen, Know-how-Dokumente, Präsentationen und Personen lassen sich so leichter zu relevanten Informationsclustern zusammenstellen. Dazu können die Anwender den Informationen definierte Schlagworte zuordnen oder ein Redakteur klassifiziert das Wissen entsprechend. Dieser Punkt ist entscheidend von der Arbeitsweise Ihres Unternehmens abhängig.

FÜNFTENS sollten Sie eine intelligente Suchfunktion bestenfalls mit “Drill-Down-Search” (dies ist Nutzern bekannt von u.a. eBay, mobile.de, AMAZON) bereitstellen, die mit der im vorhergehenden Punkt angesprochenen Klassifizierung arbeitet. Wenn sich die Suche über die Verwendung von Facetten nach und nach eingrenzen lässt, erhält der Anwender letztlich Übersichtlichkeit und Relevanz und findet auch unter hunderten Einträgen die gewünschten Informationen schnell und sicher.

SECHSTENS muss die Knowledgemanagement-Software individuelle Einstellungen verfügbar machen. So sollte die Applikation z.B. ermöglichen, Kontakte mit Spezialwissen zu hinterlegen, Reports über oft verwendete und wichtige Inhalte abrufbar zu machen oder am häufigsten genutzte Ihalten als Favorit kennzeichnen zu können. Auch die individuelle Kollaboration zwischen Nutzer und Redakteur sollte mit dem Tool möglich sein.

3.1 Zusammenspiel mit anderen Komponenten

Die oben geforderte Trennschärfe der vorgehaltenen Informationen in CRM- bzw. Wissensmanagementsystemen bedeutet hingegen nicht, dass eine Kombination beider Systeme ausgeschlossen ist. Ganz im Gegenteil kann eine Kombination z.B. eines CRMs („ich weiß alles über den Kunden“) und eines Wissensmanagement-Systems („ich weiß alles über mein Unternehmen und unsere Dienstleistungen“) im Kundenservice das Potential für noch schnelleren noch professionelleren Kundenservice – und vor allem noch mehr Kundenzentrierung in der Bearbeitung von Kundenanfragen – entfalten.

Hierzu können Wissensmanagementsysteme, welche über offen ansprechbare Schnittstellen (immer mehr setzt sich insbesondere im Rahmen des Cloud-Computing die REST-API durch) verfügen, auch direkt in Systeme wie CRM- oder Ticketing-Anwendungen integriert werden. In der Oberfläche der jeweiligen Anwendung können dem Agenten mittels solcher Integrationen kontextspezifisch Informationen zum entsprechenden Fall zur Verfügung gestellt werden. Geht bspw. eine E-Mail oder ein Anruf zum Thema „Störung der Leitung“ ein und wird im Ticket-Tool aufgenommen, so kann das Wissensmanagement dem Agenten automatisch zur Verfügung stehende Lösungswege in Form von Anleitungen, Dokumenten oder Textbausteinen zur Verfügung stellen. Die Bearbeitungszeit wird hierdurch deutlich verkürzt, während die Qualität des Services steigt. Ferner kann sichergestellt werden, dass mittels solcher Integrationen an allen denkbaren Customer-Touch-Points gleiche Informationen ausgespielt werden. Das schafft für Kunden eine sehr viel konsistentere und verlässlichere Serviceerfahrung und nimmt Agenten etwaige Unsicherheit in Bezug auf die Informationslage.

3.2 Sinnvolle Integration

Wissensmanagement-Systeme werden in der Regel am Anfang eines Projektes nicht integriert in Betrieb genommen. Der einfache Grund dafür besteht darin, dass zunächst die Konsolidierung der bestehenden Wissensquellen der erste Schritt sein sollte, um eine verbindliche Wissensquelle zu schaffen. Ist dieser erste Schritt erfolgreich abgeschlossen und die Unterstützung der Agenten im täglichen Kundenservice gewährleistet, kann man sich dem nächsten Schritt widmen.

So kann das Wissensmanagement im Laufe der Zeit als zentrale Quelle des Wissens für alle Kanäle etabliert und genutzt werden.

Gute Systeme bieten eine Reihe von fertigen Standard-Integrationen in gängige Systeme im Kundenservice

  • • CRM Systeme
  • • Response Systeme (Mail, Fax, Twitter etc.)
  • • Kundenservice Systeme (Ticketing)
  • • Web-Self-Services

Unternehmen, die eine Standardlösung aus diesem Bereich verwenden, können das Wissensmanagement einfach als App in diese Systeme integrieren. Das führt zu einer deutlich höheren Nutzung der Inhalte, weil sie aktiv angeboten werden. Der Integrationsaufwand ist nicht viel höher als das Aufspielen einer App auf einem Smartphone.

Alle anderen Integrationen sollten eine offene API anbieten, mit der sich die Daten aus dem Wissens- management in anderen Systemen suchen und anzeigen lassen. Mittels der Verwendung heute üblicher offener und dokumentierter Schnittstellen (vor allem REST-basiert), können solche individuellen Integra- tionen meist in kleinen Projekten durch die interne IT umgesetzt werden und bedürfen keiner langwierigen Konzeptions-, Programmier- und Implementierungsphasen. Ferner ist es weitestgehend Standard, dass die Kernfunktionen von Cloud-basierten Anwendungen über verschiedene Releases in der API-Schnittstelle stabil gehalten werden. Das sichert die Updatefähigkeit integrierter Systeme und entlastet die IT spürbar.

4 Praktischer Einsatz

Der praktische Einsatz einer professionellen Wissensmanagementlösung ergibt sich für jede Organisation mit mindestens 10 Mitarbeitern. Spätestens ab dieser kritischen Größe wird eine Beantwortung von Kundenanliegen per „Flurfunk“ unmöglich und seriöser Kundenservice wird damit nicht gewährleistet. Alle Organisationen stellen sich vor diesem Hintergrund tagtäglich der Herausforderung, ihr wertvolles Wissen richtig zu managen und adäquat bereit zu stellen. Ein besonderer Indikator für den Einsatz eines Wissensmanagement-Systems ist es, wenn Informationen über Abteilungen, Systeme und Köpfe verstreut sind. Daraus resultiert, dass Mitarbeiter wertvolle Zeit in die Suche von Wissen/Informationen investieren müssen. Nachstehende Fragen sollten in regelmäßigen Abständen von Service-Center-Verantwortlichen gestellt und mit einem Blick auf die eigene Organisation beantwortet werden:

  • • Suchen meine Agenten nach passendem Wissen, finden dies aber nicht?
  • • Gibt es mit Sicherheit existierendes Wissen aber meine Agenten können es nicht finden?
  • • Suchen meine Agenten Wissen, finden es, aber dieses Wissen ist nicht relevant oder veraltet?
  • • Suchen meine Agenten mit Sicherheit bestehendes Wissen, finden es aber nicht und erstellen es deswegen immer wieder neu?

Soweit auch nur eine dieser Fragen mit einem „Ja“ beantwortet wird, sollten Bestrebungen unternommen werden, eine entsprechend professionelle Wissensmanagementlösung einzuführen und damit Frustration zu vermeiden sowie Geld- und Zeitverschwendung einzudämmen. Dabei gilt für die Einführung des Wissensmanagements, dass Freiräume, klare Verantwortlichkeiten, genau klassifiziertes Wissen, eine intelligente Suche und individuelle Anpassungsmöglichkeiten die Akzeptanz des neuen Tools stärken. Doch es ist oft zu beobachten, dass Mitarbeiter Angst oder zumindest Skepsis vor der neuen Transparenz haben. Diese Skepsis sollten Sie den Mitarbeitern in der Kommunikation rund um die Transformation nehmen. Der Mehrwert, den sie persönlich von einem Wissensmanagement mit Methode haben, sollte deutlich aufgezeigt werden. Erkennen die Mitarbeiter den Mehrwert, so teilen sie ihr Wissen bereitwilliger – gerade dann, wenn die Nutzung des Systems freiwillig ist.

5 Konkreter Nutzen

Wissensmanagement-Systeme helfen vor allem Suchzeiten deutlich (um bis zu 90%) zu reduzieren und die Mehrfachpflege von Inhalten zu vermeiden. Vorgeschaltet in Web-Self-Services können sie zudem zu einer enormen Reduktion der 1st-Level-Anfragen (um 25%) beitragen und die Servicekonsistenz deutlich verbessern. Die Qualität der Inhalte wird zudem durch den Ansatz, dass Wissenskonsumenten und Redakteure im konstanten Austausch für Verbesserungen stehen, nachhaltig gesteigert, wodurch die Kundenzufriedenheit als auch die First-Time-Resolution-Rate steigt und die Average-Handling-Time sinkt. Gestützt durch intelligente Workflows (Gültigkeiten, Freigabeprozesse, Nachrichtenmanagement, Vorschlagsfunktion) eliminiert professionelles Wissensmanagement die Holschuld der Wissensredakteure, die Informationen zu pflegen und zu aktualisieren und ersetzt dies durch eine systemzentrierte Bringschuld. Kombiniert mit einer gezielten Einführungsmethode, die Wissensmanagement zum gelebten Prozess im Service-Center macht, lassen sich so deutliche Verbesserungen entscheidender KPI erreichen und ein schneller ROI der neu angeschafften Systeme realisieren. Insbesondere, wenn eine Integration des Wissensmanagement bspw. in CRM- oder Ticketing-Anwendungen als auch in Web-Self-Services vorgenommen wird, können sich die beschriebenen positiven Effekte sehr einfach potenzieren und es kann eine verbindliche Wissensdatenbank in Form eines „Single-Point-of-Truth“ für alle denkbaren Kontaktkanäle geschaffen werden.

Abgesehen von diesen harten Kennzahlen, wirkt Wissensmanagement in einem Service Center zudem auch langfristig stabilisierend. Durch die Erfassung von impliziten und expliziten Informationen in einer verlässlichen und leicht zu pflegenden Wissensquelle, kann der Wissensbestand auch in eher fluktuationsstarken Bereichen gesichert werden. Dies ermöglicht es, einem etwaigen Brain-Drain entgegen zu wirken und zu verhindern, dass mit Mitarbeitern auch wichtige Informationen den Kundenservice verlassen. Sobald das Wissensmanagement steht und im Wirkbetrieb ist, wird es für alle Beteiligten, sehr einfach die bestehenden Informationen zu pflegen und bspw. über ein Vorschlagswesen inkrementell zu verbessern.

6 Weitere Entwicklung dieser Technologie

Die oben angerissene Integration von Wissensmanagementsystemen in die IT- bzw. Systemlandschaft der Service-Center steht im Fokus der Weiterentwicklung von professionellen Wissensmanagementlösungen hin zum sogenannten Single-Point-Of-Truth (SPOT). Diesem Ansatz folgend, wird im Idealfall durch die umfassende systemische und redaktionelle Integration von Wissensmanagement eine redundante Pflege von Informationen für verschiedene Kontaktkanäle völlig ausgeschaltet. Mittels offen dokumentierter Schnittstellen auf dem letzten Stand der Technik (REST-API) kann so eine konsistente Beantwortung aller Kundenanliegen über jeglichen zur Verfügung stehenden Kontaktkanal in entsprechender Tonalität erreicht werden. Hierbei fungiert die umfassend integrierte Wissensmanagementlösung als eine Art Souffleur, welchem dem Agenten im Omnichannel-Support die passenden Antworten durch Anreicherung mit Metainformationen aus weiteren Systemen entsprechend kontextsensitiv anbietet.

Quelle: Digital Customer Service 2017

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