Digitales Wettbewerbsrecht ist überflüssig

06.11.2017.

Samuel Rutz (Avenir Suisse) und Christian Jaag (Swiss Economics)

Das Verhalten der Unternehmen verlangt nach genauer Analyse im Einzelfall

Die Digitalisierung hat in vielen Branchen zu einer spürbaren Intensivierung des Konkurrenzdrucks geführt. Damit schafft sie, was keine Wettbewerbsbehörde je so gut erreicht: Sie belebt den Wettbewerb nachhaltig und zum Wohl der Gesellschaft als Ganzes. Gleichzeitig hat die Digitalisierung verschiedene wettbewerbspolitische Herausforderungen geschaffen. Prägend sind zwei Entwicklungen: der Fokus auf Daten und die zunehmende Verbreitung von Plattformmärkten.

Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob das aktuelle Wettbewerbsrecht, das aus der vordigitalen Ära stammt, angepasst werden muss: Kann die Wettbewerbskommission (Weko) weiterhin ihre wichtigen ordnungspolitischen Aufgaben – insbesondere die Kontrolle von Kartellen, marktbeherrschenden Unternehmen und Fusionen – wahrnehmen? Klar ist: Auch im Internet gelten die hergebrachten Gesetze der Ökonomie.

Daten als Währung

Neu im Internetzeitalter ist die vorherrschende «Kostenlos-Kultur»: Auf vielen digitalen Märkten lassen sich keine monetären Preise beobachten. Die Nutzer bezahlen nicht mit Geld, sondern mit Aufmerksamkeit oder mit persönlichen Daten über sich selbst sowie über ihr Such- und Einkaufsverhalten.

Dass Daten in der digitalen Welt ein wertvolles Gut sind, ist bekannt. Genau dieser Fokus auf Daten hat aber das Potenzial, Wettbewerbsveränderungen zu bewirken. So stellt sich etwa die Frage, ob der Zugang zu Daten in gewissen Situationen essenziell ist für die Teilnahme am Wettbewerb: Der Fotodienst Instagram war beispielsweise nicht zuletzt deshalb schnell erfolgreich, weil sich die Nutzer dank offenen Schnittstellen mit einem Klick mit all denjenigen Nutzern verbinden konnten, mit denen sie bereits auf Twitter vernetzt waren.

Die zunehmende Verfügbarkeit von persönlichen Daten erlaubt überdies gezielte Analysen des Kaufverhaltens. Solches Wissen macht eine gezielte Preisdifferenzierung möglich: Ein und dasselbe Gut wird je nach Profil des Nachfragers zu unterschiedlichen Preisen und Konditionen angeboten. Aus ökonomischer Sicht ist eine solche «Ungleichbehandlung» in der Regel unproblematisch – obwohl sie aus gesellschaftlicher Sicht ungerecht erscheinen mag.

Quelle: avenir-suisse.ch

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