Stellungnahme von Parldigi zu COVID-19 Tracing Apps
Parldigi empfiehlt die Schweizer COVID-19 Tracing App, solange verschiedene Kriterien erfüllt werden.
In den vergangenen Wochen wurden weltweit zahlreiche Mobile Apps entwickelt, die beitragen sollen, dass trotz Lockerung der wirtschaftlichen Massnahmen die Verbreitung des Coronavirus eingeschränkt werden kann. Nutzer von diesen COVID-19 Tracing Apps werden damit informiert, falls sie in den letzten Tagen mit einer angesteckten Person längeren, engen Kontakt hatten.
In Europa haben sich dabei zwei Varianten hervorgetan, die unterschiedliche Datenspeicherungs-Modelle verfolgen: Einerseits geht Pan-European Privacy-Preserving Proximity Tracing (PEPP-PT) von einem zentralen Ansatz aus, bei dem Daten der Begegnungen auf einem zentralen Server gespeichert werden. Andererseits wendet Decentralised Privacy-Preserving Proximity Tracing (DP-3T) ein dezentrales Modell an, bei dem Begegnungen der Kontakte nur auf den Smartphones der Anwender gespeichert sind.
In der Schweiz hat sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) für die Realisierung einer COVID-19 Tracing App nach dem dezentralen Modell von DP-3T entschieden und lässt nun durch die EPFL und die ETH Zürich und weiteren Akteuren eine entsprechende Mobile App entwickeln. Nach einer Stellungnahme von über 300 Wissenschaftler*innen und kritischen Voten des Chaos Computer Club (CCC) wird nun auch die Deutsche Regierung den dezentralen Ansatz weiterverfolgen.
Die Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit (Parldigi) begrüsst, dass sich der Bund für das dezentrale Modell von DP-3T entschieden hat, da bei diesem der Datenschutz hohe Priorität hat und gleichzeitig wesentliche Voraussetzungen der digitalen Nachhaltigkeit erfüllt sind: Der Quellcode ist vollständig transparent einsehbar, die gesamte Software steht unter einer Open Source Lizenz (Mozilla Public License 2), das Wissen über die Software ist verteilt bei zahlreichen Entwickler*innen, Verbesserungen von Externen werden aufgenommen und die Finanzierung der technischen Grundlagen und der App-Entwicklung ist auf mehrere Geldgeber verteilt.
Wichtig für den erfolgreichen Einsatz von DP-3T sind gemäss dem überparteilichen Co-Präsidium und dem Kernteam von Parldigi insbesondere folgende Kriterien:
- Die Motion 20.3144 «Gesetzliche Grundlagen zur Einführung der Corona-Warn-App (Corona Proximity Tracing-App)» der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-NR) wird zur Annahme empfohlen, solange dies nicht die Inbetriebnahme der Mobile App per Mitte Mai 2020 verzögert.
- Der Einsatz der Mobile App muss freiwillig erfolgen. Damit jedoch die nötige Abdeckung (geschätzt wird mind. 60%) erreicht wird, erwartet Parldigi eine explizite Empfehlung des Bundesrates an die Bevölkerung, die Mobile App zu installieren.
- Die organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Konsequenzen einer App-Warnung über den Kontakt mit einer positiv getesteten Person müssen klar und mit den Lebensrealitäten der Bevölkerung vereinbar sein.
- Im Hinblick auf die langfristige Lockerung der Massnahmen muss auch die internationale Kompatibilität, d.h. die Interoperabilität mit Mobile App Lösungen von anderen Ländern, gewährleistet sein.
Parldigi Co-Präsidium: Edith Graf-Litscher (NR Kt. Thurgau, SP) und Franz Grüter (NR Kt. Luzern, SVP)
Parldigi Kernteam: Christian Wasserfallen (NR Kt. Bern, FDP), Nik Gugger (NR Kt. Zürich, EVP), Gerhard Andrey (NR Kt. Fribourg, Grüne), Judith Bellaiche (NR Kt. Zürich, GLP) und Sidney Kamerzin (NR Kt. Wallis, CVP)
Kontakt: Dr. Matthias Stürmer, Geschäftsleiter Parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit