Die 7 Schmerzpunkte der Digitalisierung

10.02.2020.

Horst Ellermann ist Herausgeber des CIO-Magazins.

 

Quelle: cio.de

Wo liegen die größten Pain Points im digitalen Transformationsprozess? CIOs diskutieren darüber lieber hinter verschlossenen Türen.

Schöne Neuerung auf der Handelsblatt IT-Tagung 2020 in München: Zum ersten Mal ziehen sich CIOs ins Séparée zurück, um über die Schwierigkeiten der Digitalisierung zu reden – also über das, was bis jetzt schieflief. “Fuckup-Session” heißt das auf Neudeutsch. Journalisten unerwünscht. Auf der Bühne und in Gesprächen mit den Rednern der Tagung tritt aber deutlich zu Tage, was im Séparée zur Sprache kommen muss.

Markus Voss, CIO & COO, DHL Supply Chain, Deutsche Post DHL, sieht seine Branche erst am Anfang der Digitalisierung, hinter Medien, Banking, und selbst hinter den Versicherungen. Die DHL Supply Chain ist ein Unternehmensbereich mit 140.000 Mitarbeitern an 2.000 Standorten weltweit. Jedes Jahr stellt DHL hier 40.000 neue Mitarbeiter ein. “Die müssen Sie mitnehmen”, sagt Voss über seine sportlichen Kollegen: “Ein Mitarbeiter im Lagerhaus läuft bis zu 80.000 Schritte am Tag.” Das hat DHL aus Heatmaps im Lagerhaus abgelesen.

Pain Point 1: Mitarbeiter fühlen sich überflüssig

Künstliche Intelligenz (KI) optimiert jetzt die Laufwege. Sie hilft auch bei “Volume Prediction”, “Staff Scheduling”, “Routing Optimization, “Product Classification” und “Geocoding”. Voss´ Befürchtung bei so viel Maschinenintelligenz: Die Leute, die seit 20 Jahren Disponent sind, könnten sich durch KI schnell ausgebootet fühlen. Als erstes Thema gehört deshalb in die Fuckup-Session: Was tun, wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie durch die Digitalisierung überflüssig werden?

Pain Point 2: Digitale Konkurrenten

Olaf Frank, Head of Business Technology, Munich Re, versteht die Folie seines Vorredners nicht, auf der Versicherungen schon als “sehr digitalisiert” dastehen, digitalisierter als die Logistiker. Frank berichtet von einem Gespräch mit den Gründern von Lemonade.com, einem Online-Portal, das Haftpflicht-Versicherungen ab 2 Euro anbietet: “Die haben sich angeguckt, wo wenig digitalisiert ist und wo es viel zu verdienen gibt. So sind sie bei den Versicherungen gelandet.”

Munich Re kann es eigentlich egal sein, ob altehrwürdige Versicherungen mit vielen Vertretern und vielen Risikobewertern das Geschäft machen – oder neue Digitalisierte ohne Vertreter und ohne (menschliche) Risikobewerter. Der Rückversicherer bietet trotzdem eine Plattform an, auf der Erstversicherer ein bisschen an der “Sales Analytics” oder “Claims Analytics” der Munich Re teilhaben können. Beispiel: Nach einem Hurrikan untersucht ein KI-System die Satellitenbilder der betroffenen Region. “Wenn ein Dach zerstört wurde, hängt die Schadenshöhe entscheidend davon ab, wie schnell das Dach wieder repariert wurde”, berichtet Frank.

KI kann schneller erkennen als jeder Sachverständige, wo das Dach tatsächlich fehlt und wo Ansprüche berechtigt sind. Und billiger. Nur 60 Prozent aller Einnahmen zahlen herkömmliche Versicherungen an Geschädigte aus, schätzt Frank. Das könnte sich durch die Digitalisierung dramatisch ändern. Also gehört als zweites Thema in die Fuckup-Session: Was tun, wenn Konkurrenten durch Digitalisierung bessere Konditionen anbieten?

Pain Point 3: Zuviel Outsourcing

Roland Schütz, Group CIO der Lufthansa, erzählt seine “Customer Journey” entlang von 14 Schritten, also anhand von deutlich mehr Schritten als dem Ein- und Aussteigen im Flieger. Schütz fängt beim Buchen an (und wie sich Preistransparenz dabei vermeiden lässt). Die Lufthansa als Premiummarke mit Premiumpreisen behauptet sich bei diesem Schritt prima, obwohl es in Europa immer noch 200 Airlines gibt, wie der CIO schätzt.

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