Industrie 4.0 als Strategie verstehen

20.07.2018.

Mit Hilfe ihres ERP-Partners Informing stellt sich die Hans Eberle AG dem Industrie 4.0-Trend und bietet vermehrt individualisierte Teileproduktion bei immer kleineren Los-Grössen. Die relevante Automatisierung setzte eine starke Verbesserung der Datenqualität voraus.

Für jede Stunde industrieller Fertigung sind etwa vier Stunden indirekter Tätigkeit nötig. Das grössere Optimierungspotenzial steckt also in jenen letzten 80 Prozent, wie auch das Fraunhofer- Institut vor Kurzem schrieb. Um dieses Potenzial zu realisieren, bedarf es allerdings einer gewissen Flexibilität. Flexibilität, die paradoxerweise mit durch die Verwendung von Standardsoftware erreicht werden soll. «Ein ERP ab Stange wird nur zum Erfolgsfaktor, wenn es sich an die Evolution von Produktionsprozessen und Kundenwünschen anpassen lässt», so Marc Dönni, Leiter HR & Finanzen bei der Hans Eberle AG, wo er ausserdem verantwortlich für die Weiterentwicklung der IT ist. In dieser Rolle war er bereits vor zehn Jahren Projektleiter für die Einführung von IN:ERP der Firma Informing, das heute ein zentraler Baustein für die Flexibilität des Unternehmens ist.

Die in Ennenda, Glarus, ansässige Hans Eberle AG ist Spezialistin rund um das Thema Blechbearbeitung. Das Unternehmen fertigt im Kundenauftrag zum Beispiel die Abfallbehälter in den SBB-Zügen oder prämierte Duschrinnen von Geberit. Zusammen mit ERP-Partner Informing und dem Maschinenhersteller Trumpf digitalisierte das Unternehmen 2016 Fertigungsprozesse rund um die neueste Generation von Stanz- / Lasermaschinen. In Folge stiegen Datenqualität sowie Flexibilität bezüglich Kundenwünschen.

Kunden verlangen immer mehr Flexibilität

Dies entspricht nicht nur dem aktuellen Industrie 4.0-Trend, sondern auch dem Gedankengut, das die ERP-Wahl schon vor zehn Jahren antrieb. Damals suchte die Hans Eberle AG nach einem Partner, der lokal ansässig war, über Erfahrung im Bereich Produktionsplanung verfügte, grosse Flexibilität in der Anpassung der GUIs auswies und die Release-Fähigkeit der Individualisierungen garantierte. «IN:ERP bildet die Grundelemente unserer Branche ab. Aufbauend auf diesen konnten wir die Lösung optimal an unsere Bedürfnisse anpassen – teilweise selbstständig, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Hersteller», erklärt Dönni. Dabei nahm das vor Kurzem abgeschlossene Projekt bereits 2011 seinen Anfang, als das Unternehmen eine Stanz- / Lasermaschine TM 7000 der neuesten Generation erwarb. Gleichzeitig baute die Firma eine neue Halle und stattete sie mit einem vollautomatischen Hochregallager aus.

Maschine und Hochregallager wurden ins IN:ERP integriert, sodass die Produktionsaufträge direkt in die Maschine eingelesen werden konnten. Diese versorgt sich seitdem selbstständig und vollautomatisch mit den nötigen Rohmaterialien aus dem Hochregallager. Nach Produktionsende rapportiert sie ausserdem alle Ergebnisse automatisch zurück ins ERP. So wurden zeitfressende Rapportzettel eliminiert und die Dauer der Datenverfügbarkeit im IN:ERP von bis zu zwei Arbeitstagen auf wenige Sekunden reduziert. Auch die Datenqualität stieg, leider aber nur auf etwa 80 Prozent. «Gab es nachts, im mannlosen Betrieb, eine Störung, lief beispielsweise die Zeitmessung weiter. Die in Folge automatisch erstellten Nachkalkulationen mussten von Hand korrigiert werden. Auch bestand teils die Gefahr von Datenverlusten. So konnten aufgrund eines falsch angezeigten Lagerbestands Produktionsengpässe entstehen, aber auch Mehraufwand, da die Mitarbeiter den Daten nicht trauten und eine Art Schattenreporting betrieben», erklärt Dönni.

Alle Maschinen direkt ins ERP einbinden

2016 wurde die Anschaffung einer weiteren Stanz- / Lasermaschine zum Anlass genommen, den Prozess erneut zu optimieren. Da sich der Hochregallieferant aus dem Schnittstellengeschäft zurückzog, wurde die Verwaltung auf eine Software des Maschinenherstellers Trumpf verlagert, die direkt ins ERP eingebunden wurde. Durch die Reduktion der Systeme sank die Komplexität. Gleichzeitig wurden die erwähnten Fehlerquellen behoben.

Das Projekt begann im Oktober 2015 und dauerte 11 Monate. Zur Umsetzung wurde ein Projektteam bestehend aus Informing-, Trumpf- und Hans Eberle-Mitarbeitern gebildet. Zentral war vor allem die Anpassung der Schnittstellen durch Informing. «Einige unserer Vorgaben und solche des Maschinenherstellers waren fix. Die Flexibilität musste deshalb von Informing kommen», so Dönni. Zu diesem Zweck wurde ein Pflichtenheft erstellt. Die anschliessende Umsetzung erfolgte mit agilen Entwicklungsmethoden.

Mit Projektabschluss sind jetzt alle Maschinen dieses Bereichs ins IN:ERP eingebunden und die Fehlerquellen beseitigt. Gleichzeitig ermöglicht das neue Setup eine Reduktion der Los-Grössen. «Vor fünf Jahren waren Produktionsmengen von mehreren hundert Stück noch Standard, heute können wir individuelle Produkte mit Mengen von 20 oder 50 Stück ohne Probleme handhaben.» Das Unternehmen reagiert damit auf aktuelle Anforderungen des Marktes. «Kunden wollen heute ihren Anforderungen entsprechende Teile in kleinen Mengen bei möglichst kurzen Produktionszeiten», so Dönni, der auch darauf hinweist, dass der Projekterfolg nur durch Automatisierung erreicht wurde, und zwar, ohne dass eine Personalaufstockung nötig war. Dieser Erfolg ist aber nur Teil einer andauernden Entwicklung, denn für Dönni ist Industrie 4.0 kein Projekt, sondern eine Strategie.

Christian Walter, swiss made software

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