Ethik braucht Praxis

07.08.2019.

Reinhard Riedl ist Präsident der Schweizer Informatik Gesellschaft. Riedl beschäftigt sich mit digitalen Ökosystemen und leitet das transdisziplinäre Forschungszentrum «Digital Society» an der Berner Fachhochschule. (www.bfh.ch/digitalsociety)

Quelle: computerworld.ch

Über Ethik lässt sich prächtig diskutieren. Buzzwords wie «ethics by design» sind in Mode. Doch was bedeutet ethisch korrektes Handeln in der ICT im Arbeitsalltag? Ein paar Handlungsvorschläge.

Ethik liegt im Zeitgeist. Das ist grundsätzlich erfreulich, in der Praxis aber oft ernüchternd. Erfreulich ist, dass es heute keine grosse Begründung mehr braucht, um ethische Perspektiven in strategische Über­legungen einzubeziehen. Ernüchternd ist, wie der ethische Diskurs in der Mehrzahl der Fälle abläuft: nämlich abstrakt, unverbindlich und abgehoben! Gerne werden technologieferne Diskussionen zu selbstfahrenden Autos geführt oder unerfüllbare Wünsche in Bezug auf Transparenz auf­gestellt. Zunehmend wird Ethik auch ästhetisch gepimpt und der Diskurs wird von Wissens- oder Selbstdarstellung sowie von Schlagwörtern geprägt. Ein populäres Schlagwort in der IT ist «ethics by design». Dies wird meist gar nicht oder nur durch abstrakte Eigenschaften beschrieben.

In den wenigen Teilbereichen, für die es Handlungsempfehlungen gibt, finden diese in der Praxis wegen mangelnder Verbindlichkeit oder fehlender technischer Machbarkeit nur wenig Akzeptanz. Das Konkreteste zu «ethics by design» sind für mich die sogenannten «Dark Patterns» zur Beschreibung unanständigen Designs.
Zum Missvergnügen mit der Abgehobenheit des Diskurses kommen zahlreiche überflüssige Ab- und Ausgrenzungen. Aus Sicht des Engineering-Prozesses sind Recht und Ethik beides Randbedingungen, wenn auch von unterschiedlicher Qualität. Behandelt werden sie aber oft als zwei völlig verschiedene Themen. Aus dem Blickwinkel der Wissenschaft sind soziale Verwerfungen in der Engineering-Praxis viel gravierender als intellektuelle Gedankenspiele. Trotzdem werden sie aus der Ethikdiskussion ausgegrenzt. Und aus Sicht des einfach denkenden Pragmatikers ist ethische Reflexion universell. Gleichwohl wird öffentlich vor den gefährlichen fremden Ethikvorstellungen gewarnt, die aus dem Ausland eindringen.

Man hat den Eindruck: Beim Ethikdiskurs lassen viele unabsichtlich ihre Masken fallen. Vielleicht sollten wir ihn deshalb besser auf die Bühne verlagern. Wie toll wäre ein Fabian Krüger als IT-Ethiker auf einer Theaterbühne, der alle anderen in den Hintergrund spielt. Mit einem Spiegel im Hintergrund, der das Publikum sich selber sehen lässt. Um die Wirklichkeit transparent zu machen.

Ich persönlich weiss auch nicht, was «ethics by design» ist und verstehe unter einer ethischen Einstellung recht abstrakt die Bereitschaft, Verantwortung, ­beziehungsweise Mitverantwortung zu übernehmen – für mich selbst, das eigene Handeln, das Handeln der ­anderen und die anderen. In der IT-Praxis kann man dies durch das Einbinden ethischer Reflexion in den verschiedenen Engineering-Aufgaben verankern: also in Bereichen wie Projektdesign, Architecture Controlling, Produktdokumentation, Ausbildung und in der Personalführung. Dafür ist es notwendig und häufig auch hinreichend, offen und neugierig zu sein, Mitverantwortung für die IT-Nutzer zu übernehmen und auch die eigenen Denkmodelle regelmässig zu überprüfen.

Mit etwas Neugier fällt einem schnell auf, dass Software Engineering seit Langem eine Disziplin für junge weisse Männer ist. Dies obwohl, historisch betrachtet, die Ersten in dieser Disziplin Frauen waren. Man erkennt ausserdem, dass Auftraggeberinnen und Auftraggeber häufig mit ihren Aufgaben überfordert sind und die Geschäftsleitung ahnungslos ist. Und man begreift irgendwann, wie wenig Konsens darüber herrscht, was gutes IT-Engineering ausmacht. Das zeigt, wo man ansetzen kann, um vieles zum Besseren zu verändern. Lassen wir doch die Ethikshows auf der Seite liegen und beginnen wir, die offensichtlichen ethischen Probleme praktisch zu lösen!

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